Messier 42 - Info:


Messier 42 und der Pferdekopfnebel

©Gerald Willems

 „…Paradeobjekt der Gasnebel, phantastisch in jedem Instrument; Dunkelwolken, helle Ausläufer und eingebettete Sterne sind unbeschreiblich, Zentralgebiet im Teleskop strukturreicher als auf vielen Fotografien, blaugrün; enthält bekanntes Trapez“.

 Soweit ein Zitat aus dem Atlas für Himmelsbeobachter von Erich Karkoschka. Selbst Erich Karkoschka, der mit seinen Objektbeschreibungen eher zurückhaltend und nüchtern umgeht, kommt bei Messier 42, dem großen Orionnebel, beinahe ins Schwärmen. Ebenfalls im Orion und vermutlich auch jedem Deep-Sky-Beobachter bekannt, der Pferdekopfnebel, Barnard 33 und seine Umgebung. Um diese außergewöhnlichen Objekte, die vermutlich jedem Deep-Sky-Beobachter ein Begriff sein dürften, soll es hier gehen. Wie mir der Spagat zwischen dem hellsten Gasnebel überhaupt und einer Dunkelwolke gelingen soll weiß ich allerdings noch nicht.

M 42, der Große Orionnebel:
In der Einleitung wurde es bereits erwähnt, M 42 ist der hellste Gasnebel, den wir überhaupt am nördlichen Himmel finden. Er ist daher besonders für Deep-Sky-Einsteiger eines der ergiebigsten Objekte, um erste Schritte in der Beobachtung oder der Fotografie von Deep-Sky-Ojekten zu tun. Hier kommen alle Superlative zusammen: Strukturreichtum, Helligkeit und nicht zuletzt die Größe. M 42 ist mit einer scheinbaren Ausdehnung von 66’ auch eines der großen Deep-Sky-Objekte, das wir zudem noch in einer relativ bequemen Position am Himmel finden. Das Zentralgebiet finden wir direkt südlich der drei Gürtelsterne innerhalb des so genannten Schwertgehänges des Sternbildes Orion. Im Feldstecher ist das Nebelgebiet schon deutlich als diffus glimmende Region zu erkennen. Fernrohre aller Größen zeigen bereits ausgeprägte Details. Daher gehört der Orionnebel, zumindest in den hellen Gebieten, zu den wenigen Objekten, die bei direkter Betrachtung durch ein Fernrohr eindrucksvoller erscheinen können als auf einer Fotografie.

 Vor der Erfindung des Fernrohrs war der Orionnebel unbekannt. 1609 beschrieb und zeichnete Galileo Galilei die enthaltenen Sterne, bemerkte aber nichts vom nebligen Umfeld dieser Sterne. Der Erste, der dort einen Nebel erkennen konnte, war Nicholas-Claude Fabri de Peiresec im Jahre 1611. 1654 konnte Giovanni Batista Hodierna eine erste Zeichnung anfertigen. Genauer beschrieben wurde das helle Zentralgebiet schließlich von Christian Huygens im Jahre 1656. Diese Zentralregion wurde daher auch Huygens-Region genannt. Huygens war es auch, der drei der dort enthaltenen so genannten Trapezsterne beschrieb. 1673 wurde schließlich der vierte Trapezstern durch Picard erkannt. Die Fülle an Sternen, die in dieser Region aufzufinden sind, konnte erst in den nachfolgenden Jahren bis ins vergangene Jahrhundert hinein entdeckt werden. 1865 konnte William Huggins mit Hilfe der Spektroskopie den Nachweis erbringen, dass es sich bei M 42 um eine Gaswolke handeln müsse. Aktuelle Untersuchungen der Geschichte zur Beobachtung des Orionnebels lassen den Schluss zu, dass das Nebelgebiet in den vergangenen vierhundert Jahren an Helligkeit gewonnen haben könnte.

 M 42 ist eine Region innerhalb einer Molekülwolke, die sich mit einer scheinbaren Ausdehnung von 10° nahezu über das gesamte Sternbild des Orion erstreckt. Zu dieser Region gehören weiterhin Messier 78, die bekannte Pferdekopfregion und, etwas weniger bekannt, Barnards Loop. Innerhalb des Orionnebels befindet sich eine Region mit äußerst aktiver Sternentstehung. In dieser eher kleinen Region finden wir die Ursache für das auffällige Erscheinungsbild des Orionnebels. Wir blicken hier in eine Molekülwolke, die sich auf der uns zugewandten Seite geöffnet hat. Die starken Sternwinde junger Sterne haben eine Höhlung in die Molekülwolke geblasen, die uns nun einen Blick in ihr Inneres gewährt. Einige der jungen Sterne sind noch immer von einer dichten Staub- und Gaswolke umgeben, die uns einen direkten Blick auf den Stern selber verwehren. Diese Sterne können allerdings mit Infrarot-Teleskopen nachgewiesen werden. Bei den wenigen jungen Sternen, die uns auch im sichtbaren Licht zugänglich sind, handelt es sich unter anderem um die bekannten Trapezsterne. Es sind gerade diese Trapezsterne, die mit ihrem geringen Alter von nur 10.000 bis 100.000 Jahren für die Leuchtkraft der Gasmassen verantwortlich sind. Sie sorgen mit ihrer energiereichen Strahlung für die Ionisation der umgebenden Gase und damit für deren Lichtemission. Im Umkreis von 5’ um diese vier Trapezsterne findet man etwa 300 weitere Sterne bis zur 17. Größe. Hier bildet sich ein junger offener Sternhaufen mit der bisher größten beobachteten Sterndichte überhaupt. Die Extinktion durch Staub von bis zu 10 mag verhindert allerdings die direkte Sichtbarkeit der meisten Haufenmitglieder. Bleibt noch zu erwähnen, dass sich viele dieser jungen Sterne noch weit von der Hauptreihe des Hertzsprung-Russell-Diagramms entfernt befinden, d.h. mit ihrem zentralen Wassrstoffbrennen noch nicht das thermische Gleichgewicht erreicht haben.

 Mit Hilfe des Hubble-Space-Teleskops (HST) sind Sterne in einer besonders frühen Entstehungsphase aufgenommen worden. Dabei konnten Akkretionsscheiben aus dichtem Staub nachgewiesen werden. Der innerhalb dieser dichten Staubscheiben befindliche Protostern ist meist nur mit Infrarot-Teleskopen zugänglich. Nordwestlich des Trapezes befindet sich der so genannte “Becklin-Neugebauer- und Kleinman-Low-Komplex“. Hier konnte ein Stern nachgewiesen werden, der einem engen Doppelsystem entstammt und von dort vor nur 4.000 Jahren herausgeschleudert wurde.

 In der Trapezregion (Theta¹ Orionis) befinden sich Sterne verschiedener Entwicklungsstadien. Man kennt inzwischen 50 unregelmäßig Veränderliche, deren tatsächliche Zahl vermutlich deutlich höher liegt. Die Perioden dieser Veränderlichen schwanken zwischen einigen Monaten und wenigen Minuten. Die extrem kurzperiodischen Veränderlichen können sich innerhalb weniger Minuten um mehrere Größenklassen verändern. Auch bei den bekannten Trapezsternen selber handelt es sich zum Teil um Veränderliche. Φ¹ Ori C ist dabei der Hauptverursacher, der zur Ionisation des Gases beiträgt. Φ¹ Ori A ist ein Bedeckungsveränderlicher mit einer Periode von 65 Tagen. Φ¹ Ori B, der schwächste der vier Trapezsterne dagegen, ist mit einer Periode von 6,47 Tagen gemessen worden. Bei Φ¹ Ori C ist die Veränderlichkeit übrigens noch nicht nachgewiesen worden. Mit Hilfe des HST gelang es weiterhin innerhalb der Trapezregion Braune Zwerge nachzuweisen. Braune Zwerge werden zwar zu den Sternen gerechnet, haben jedoch mit der nur 80-fachen Masse des Jupiters keine atomare Fusion zünden können.

 Die Verteilung der Elemente innerhalb des Orionnebels ist typisch für Hα-Regionen wie dieser. Mit 25.000.000 Atomen pro Kubikdezimeter dominiert der Wasserstoff, 2.500.000 Atome bringt Helium und mit 5.000 Atomen pro Kubikdezimeter schlägt Stickstoff zu Buche. Neon, Argon und Fluor sind nur in sehr geringen Dosierungen vertreten.

 Wie eingangs schon gesagt, gehören zur gesamten Molekülwolke weitere bemerkenswerte Regionen. Messier 43, eigentlich ein kleiner Ausläufer nördlich des Orionnebels, wird nur durch den dort vorhandenen Staub vom eigentlichen Orionnebel abgetrennt. Oder besser gesagt, der Licht absorbierende Staub verhindert uns den Blick auf die leuchtenden Gasanteile. M 43 wird auch als der kleine Orionnebel bezeichnet.

Unmittelbar nördlich an den Orionnebel angrenzend findet man den schönen Reflexionsnebel NGC 1977. Hier ist es der kalte Staub, der das Licht der eingebetteten hellen Sterne zerstreut und als blaue Nebelregion sichtbar macht. Tiefe H-Alpha-Aufnahmen zeigen jedoch, dass auch hier im Inneren ein Großteil an roter Wasserstoffemission entsteht.

 Der Pferdekopfnebel, Barnard 33 und seine Umgebung:
Dicht beim süd-östlichen Gürtelstern Alnitak (ξ Ori) befindet sich eine weitere Hα-Region. IC 434 ist eine ausgedehnte Wasserstoffwolke, in die ausgeprägte  Staubformationen hineinragen. Die Wasserstoffwolke selber wird durch Sterne, die hinter diesen dunklen Staubwolken verborgen sind, ionisiert und damit zum Leuchten angeregt. Hier sind wir nun wiederum bei einem der meist fotografierten Objekte. Würde ein Ausläufer dieser dunklen Wolken nicht so eine markante Figur gebildet haben, würde sich vermutlich kaum Jemand so ausführlich damit beschäftigt haben – klar, es geht um den Pferdekopfnebel Barnard 33. Der Amerikaner Edward Barnard hatte dieses markante Objekt Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt. Diese dunklen Wolken aus Staub sind der leuchtenden Hα-Region vorgelagert – nur dadurch werden sie für uns sichtbar. Sternwinde sorgen dafür, dass diese Staubformation in einigen Tausend Jahren wohl kaum noch als dieser Pferdekopf zu erkennen sein dürfte.

 Östlich des Pferdekopfes befinden sich noch zwei Reflexionsnebel, die es wert sind, erwähnt zu werden: NGC 2023 und IC 435. Das dominierende Objekt dieser Region ist aber der nord-östlich des Pferdekopfes befindliche Emissionsnebel NGC 2024. Es ist ebenfalls eine Hα-Region. Von Süd nach Nord wird dieser verhältnismäßig helle Nebel von einem Staubgebilde durchzogen, das an einen Baum erinnert. Die hellen, flammenartigen Filamente haben diesem Gebiet aber den Namen Flammennebel eingebracht. Innerhalb der dunklen Staubgebiete hat man inzwischen die beiden Verursacher des Leuchtens ausmachen können. Es sind zwei B0-Sterne, die im Staub verborgen, nur im Infrarot-Licht zu erkennen sind.

Beobachtern wird der Pferdekopf wohl nur unter extrem guten Bedingungen und mit großem Gerät zugänglich sein, der Flammennebel ist aber schon mit kleinem Refraktor unter guten Bedingungen erkennbar.

 Alle bis hier beschriebenen Gebiete werden im Osten von einem Bogen leuchtenden Gases umgeben. Barnards Loop, wie dieser Bogen genannt wird, ist vermutlich der Überrest mehrerer Supernovaexplosionen. Zu diesem Bogen sollte noch ein westlicher Teil gehören, denn eigentlich müssten wir einen Kreis erkennen können. Immerhin sind von dem westlichen Teil Bruchstücke erkannt worden. Ebenfalls haben es alle beschriebenen Gebiete gemeinsam, dass sie etwa die gleiche Entfernung zu uns haben. Wie so oft ist aber auch hierbei keine absolute Angabe zu finden. Wir können davon ausgehen, dass sich die Entfernung zwischen 1300 Lj und 1500 Lj bewegt.

 Beobachtern und Fotografen bieten die Regionen im Orion enorme Möglichkeiten immer wieder neue Einzelheiten zu entdecken. Nicht grundlos werden diese Highlights am Winterhimmel Jahr für Jahr aufs Neue von Fotografen und Beobachtern aufgesucht.

Quellen:

Ronald Stoyan: Deep Sky Reiseführer, Oculum-Verlag, 3. Auflage 2004

Ronald Stoyan, Stefan Binnewies, Susanne Friedrich: Atlas der Messier-Objekte

Thorsten Neckel: Astronomie für Alle, Schönheiten der Milchstraße

Klaus-Peter Schröder: Die schönsten Nebel des Winterhimmels, SuW 1/09

Peter Riepe, Die Nebellandschaft im Orion, Journal für Astronomie 1/2009

Erich Karkoschka: Atlas für Himmelsbeobachter

 http://www.epsilon-lyrae.de/Doppelsterne/Trapez/ThetaOrionis.html

http://www.maa.clell.de/Messier/E/More/m042_h5.html

http://www.astronews.com/news/artikel/2006/01/0601-016.shtml